Im Baakenhafen sollen bald nur noch Elektroautos fahren

Von Oliver Schirg Hamburger Abendblatt 20.1.2017

An den Elbbrücken ist ein Vorzeigequartier geplant. Es soll die moderne Idee vom Zusammenhalt einer sozialen Stadt verwirklichen.

Im Jahr 2025 werde es wohl so weit sein, da ist Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der HafenCity Hamburg GmbH, sich ganz sicher. "Mitte der 2020er-Jahre werden im Baakenhafenquartier im östlichen Teil der HafenCity fast nur noch Elektroautos fahren." Wenn die ersten Mieter und Unternehmen in das neue Quartier ziehen werden, dürfte der Anteil der Elek­troautos bei 30 bis 40 Prozent liegen.

Der oberste HafenCity-Manager muss natürlich von "seinem" Stadtteil so schwärmen, zumal er am Freitag zu seiner Jahrespressekonferenz geladen und auf dieser über die in diesem Jahr zu erwartenden Fortschritte bei der Entwicklung des neuen Quartiers vieles zu berichten hatte. Aber im östlichen Teil solle etwas Vorbildhaftes, ein Vorzeigequartier, entstehen. Eine "moderne Idee vom Zusammenhalt einer sozialen Stadt", nennt Bruns-Berentelg es.

Gebäude für 2000 Wohnungen bereits an Investoren vergeben
Es geht um die Viertel am Baakenhafen und an den Elbbrücken, um "kompakte, durchmischte Stadtstruktur", eine "hohe Qualität öffentlicher Räume", ein "zukunftsweisendes Mobilitätskonzept", eine "grüne Qualität der Gebäude", um etwas, für das es "international kein Vorbild gibt". Bruns-Berentelg lässt keines der Schlagworte aus, die den Zuhörer aber kaum berühren. Zu technisch, zu kalt klingt das alles.

Draußen, auf der Baakenhafenbrücke, werden Bruns-Berentelgs Worte lebendig. Wer in südliche Richtung entlang der Versmannstraße und der Baakenallee schaut, ahnt, was für ein spannendes Stadtviertel hier bis 2021 entstehen wird. Über 3000 Wohnungen sollen es werden, viele davon mit Blick auf's Wasser. Dafür sorgt die Lage an Norderelbe, Baaken- und Oberhafen.

Gebäude für gut 2000 Wohnungen seien bereits an Investoren vergeben, im Bau oder zumindest geplant, sagt Bruns-Berentelg, während sich im Hintergrund Baukräne drehen. Die Architekturwettbewerbe für die vierzügige Grundschule oder das Kindergartenzentrum für 200 Kleinkinder sind abgeschlossen. Und dann ist da ja noch das Juwel des Quartiers: die gut 1,5 Hektar große Freizeitinsel, die sich gut sichtbar inmitten des Baakenhafens aus dem Wasser erhebt. Bis in eine Tiefe von elf Metern musste Sand aufgeschüttet werden. Anfang kommenden Jahres wird die Freizeitanlage fertig sein.

Bis zu 400 Car-Sharing-Autos
Den Charakter des Großstädtischen vermittelt die oben stehende Simulation. Bis an den Baakenhafenrand drängen sich die mehrgeschossigen Wohngebäude, auch wenn breitere Gehwege zum Flanieren einladen. Im hinteren Teil der Szenerie ist die zwischen den Elbbrücken liegende "Turmanlage" zu erkennen. In kommenden halben Jahr werde das Projekt ausgeschrieben, verspricht Bruns-Berentelg, schweigt sich ansonsten über die Vorstellungen der Stadt aus. Lediglich die Voraussage "Im nächsten Jahr werden wir einen Bauherren haben", lässt er sich entlocken.

Um so mehr verliert der Manager sich beim Schwärmen über das Nachhaltigkeitskonzept. Da will man Abwärme von der nahegelegenen Aurubis-Kupferhütte nutzen, ein Drittel der Dächer und Fassaden mit Solarzellen bestücken, nur noch für 40 von 100 Wohnungen einen Autostellplatz anbieten, serienweise Anschlüsse für das Aufladen von Elektroautos installieren. Bis zu 400 Car-Sharing-Autos soll es geben. Am Ende spricht Bruns-Berentelg selbst von einem "Großexperiment, für das es keine Vorbilder gibt" und der Hoffnung, dass die Automobilindustrie nicht nur Autos verkaufen wolle, sondern auch helfe, das Konzept zu entwickeln.

Visionen gehören zum täglichen Geschäft von Stadtentwicklern. Aber die HafenCity ist ja ein Quartier, das über fast drei Jahrzehnte entsteht, sich in seinem Osten quasi neu erfindet. Der westliche Teil hat mit der Eröffnung der Elbphilharmonie vor wenigen Tagen sein Wahrzeichen bekommen. Der gegenüberliegende Strandkai soll nun endlich auch bebaut werden. Spätestens in diesem Sommer gehe es los, sagt Bruns-Berentelg: mehr als 500 Wohnungen, ein Kinderkulturhaus und ein fast 100 Meter breiter Boulevard, der als öffentlicher Ort genutzt werden kann.

Überseequartier gilt als Filetstück in der HafenCity
Auch beim "Sorgenkind" der HafenCity, dem Überseequartier, wird es in den kommenden Wochen vorangehen. Derzeit laufe die Kampfmittelsondierung, sagt Bruns-Berentelg. Anschließend werde eine Spundwand installiert, damit die Baugrube ausgehoben werden könne. Bis zum Jahr 2021 sollen die meisten Gebäude fertig sein und rund 1100 Wohnungen, Büros, Gastronomie und Hotels Platz bieten.

Das Überseequartier gilt als Filetstück in der HafenCity. Dessen Bebauung hatte sich infolge der Finanzkrise um mehrere Jahre verzögert. Insgesamt rund 970 Millionen Euro würden hier investiert, sagt Bruns-Berentelg. Zudem würden im westlichen Teil der HafenCity in den kommenden Jahren fast alle Baulücken geschlossen. "Bald wird es hier kein Wohnungsbaugrundstück mehr geben – dann ist die westliche Hafencity ausverkauft."

Mit Blick auf die Kultur räumt Bruns-Berentelg ein, dass die Elbphilharmonie derzeit alles überstrahle. "Aber Stadtentwicklung lebt nicht nur von einem Gebäude." Am 10. Mai werde der Gedenkort Hannoverscher Bahnhof eröffnet, und im Frühsommer werde die HafenCity Schauplatz eines großen internationalen Theaterfestivals sein.